Es war ein wirklich außergewöhnlicher und lohnender Abend in Hellerau, ein 'Diskurskonzert', das in dieser Form völlig neu und überraschend für uns war.
Eine Einführung findet sich hier:
hellerau.org/wir-sind-aussergewoehnlich
Das Setting streng reduziert: ein Tisch, zwei Stühle, ein Flügel, vor riesigen Video screens. Doch die Ruhe täuscht. Unvermittelt startet das Stück mit einer Projektion flackernder Promi-Portraits, blendet mit grellfarbigen Lichtern, tönt mit kakofonischen Soundtracks, schaltet Webvideos mit beliebigen Nachrichten über Katastrophen und Börsenkurse.
Unterbrochen wurde die durch ihre Intensität und Dauer absichtlich nervtötende Darbietung durch ruhigere Szenen, in der eine Diskussion zwischen dem Berliner Philosophen Harry Lehmann und Kurt Biedenkopf, dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Sachsen, auf dem Podium stattfand. Thema war unter anderem der Verlust aller kulturellen Maßstäbe bei der Beurteilung von Qualität in der Kunst, der Totalitarismus des Geldes und die Unfähigkeit der Politik, die Welt zu steuern.
Zu Harry Lehmann möchte ich noch ergänzen, dass er zuletzt eine Musikphilosophie "Die
digitale Revolution der Musik" veröffentlicht hat. Siehe auch:
harrylehmann.net/texte
Liveszenen, von einem Sänger und einer Pianistin auf der Bühne
vorgetragen, unterbrachen das Multimedia-Bombardement mit
Versatzstücken der Oper oder des Pop, beziehungsweise arbeiteten sich an
der Dekonstruktion dieses klassischen Kanon ab.
Am Ende wurden alle Teilnehmer und Konzertbesucher in einen freundlichen
Raum mit einer langen Tafel entlassen, zum finalen Diskurs des Abends
miteinander. Erst bei diesen Gesprächen, bei Käse und Wein und beim
fröhlichen Networken rundete sich die Performance ab, man entspannte sich wieder und konnte schließlich mit einem guten Gefühl nachhause gehen. Experiment gelungen, Patrick
Frank, würde ich sagen - und weiterhin viel Erfolg!